Im Nordwesten von Bosnien-Herzegowina steht ein schönes, herunter gekommenes Exemplar der Partisanendenkmäler: Das Monument der gefallen Kämpfer des Nationalen Freiheitskrieges von Bravsko. An der Landstraße M5, einige Kilometer außerhalb des gleichnamigen Dorfes. Hier in der Bosnischen Krajina sind die Wege lang, in den Orten ist nicht viel los. Felder, Tannen, Häuschen mit roten Ziegeln, in der Ferne eine kleine orthodoxe Kirche oder eine Moschee. Bis zu den Städten Jajce und Bihać sind es jeweils 70 Kilometer.
Dieser Teil Bosniens war im Krieg in den Neunziger Jahren umkämpft. Seitdem ist die Gegend der Föderation Bosnien-Herzegowina zugeordnet, der serbische Teil liegt nicht weit entfernt.
Zum Denkmalkomplex gibt es weder Hinweisschilder auf der Straße noch Infos im Dorf. Wie so oft bei den spomenici partizanski auf dem Balkan ist der Komplex von Gestrüpp und Gräsern überwachsen. Wo früher eine breite Treppe zur Skulptur führte, sind heute kaum mehr die Stufen zu sehen. Wem dennoch ein verwahrloster Hügel und ein abgewracktes Betonding im Seitenfenster erscheint, kann eine interessante Skulptur aus Stahlbeton entdecken, einen Abschnitt jugoslawischer Geschichte erfahren, und Brombeeren pflücken.
Die Skulptur wurde 1972 vom Architekten Mirko Radulović und Ingenieur Nebojsa Latinović errichtet. Sie steht in der Mitte eines gepflasterten Platzes. Ihre Struktur ist noch in Takt, der Beton unzerstört. Die Skulptur ähnelt vier Sirenen oder Megafonen: Die heroischen Taten der Kämpfer sollen verbreitet werden. Oder sie könnte Titos bekannten „Aufruf zum Aufstand“ gegen die faschistischen Besetzer bedeuten. Die Geographie der Anlage, etwas erhöht und über das Tal blickend, würde passen.
Der Zustand dieser kleinen Anlage ist mies, niemand kümmert sich. Nicht mal verwelkte Blumen von den Alten aus dem Dorf, auch keine aus Plastik, keinerlei Spuren von gefeierten Jahrestagen. Aber auch keine Bierflaschen oder Müll, zum Rumhängen ist der Ort zu weit raus. Und einsame Rumhängorte gibt es hier sowieso genug.
Bis 2013 war der Denkmalkomplex von Zedern eingesäumt, aber auch die sind fort, abgeholzt von Dorfleuten, die das Holz gebrauchen könnten.
Auf der Seite, die zur Straße zeigt, ist eingraviert: „Hier sind die 502 jugoslawischen Kämpfer begraben, die während des Nationalen Befreiungskrieges in den Dörfern Jasenovac, Klenovac, Bunara, Podsretnica, Bravski Vaganac, Kapljuh und Janjila gefallen sind.“ Darunter sind alle Namen, Daten und Heimatdörfer der Gefallenen aufgelistet.
Die Bewohner von Bravsko und Umgebung sollen sich im Zweiten Weltkrieg besonders stark gegen die Faschisten aufgelehnt haben. Die Partisanenbewegung um Bravsko war außerdem die ethnisch vielfältigste von Ex-Jugoslawien. Das kann man jetzt in Zeiten des Nationalismus leider nicht mehr zelebrieren, und deshalb ist das Denkmal wohl auch uninteressant.
Auch mit dem Gedenken an die jüngsten Kriegsverbrechen läuft es hier schlecht. Ganz in der Nähe, im Umkreis von Bihać waren von 1992 bis 1995 über 200.000 Menschen 1201 Tage lang eingekesselt. 5000 starben. In der öffentlichen Erinnerungskultur kein Thema.
Geschichte der Region um Bravsko im Zweiten Weltkrieg: Die Bravsko-Kompanie gegen die Ustascha
Viele Menschen aus der Region um Bravsko rebellierten gegen die Achsenmächte, die im April 1941 das Königreich Jugoslawien besetzten. Aus Kroatien und Bosnien war der Unabhängige Staat Kroatien geworden. Darunter fiel auch die Gegend um Bravsko. Dem Unabhängigen Staat Kroatien waren die nationalistischen Ustascha untergeordnet, die die serbische, jüdische und die Roma-Bevölkerung quälten.
Die Bewohner von Bravsko planten einen Aufstand. Als im Juli 1941 Ustascha-Kämpfer sechzig Bauern und Bahnarbeiter im nahen Dorf Klenovac erschossen, gründeten die Bewohner die Bravsko-Kompanie. Bis 1942 kämpften sie hart gegen die Ustascha – auch in Majkic, Prijedor und Sanski Most.
Im August 1942 wurde aus der Bravsko-Kompanie zusammen mit andren Partisaneneinheiten die Dritte Krajina Partisanen-Brigade. Mit 1000 Kämpfern. Im November 1942 befreiten sie die Stadt Bihac und die Republik von Bihac wurde ausgerufen, der Bravsko angehörte. Kurz darauf, im Januar 1943 nahmen deutsche Truppen die Republik von Bihac ein. Denn während des Zweiten Weltkriegs nutzten Tito und das Oberkommando der Partisanen den Nachbarort Bosanski Petrovac für einige Monate als Stützpunkt. In der Nähe befand sich auch das Zentralkrankenhaus der Partisanen. Doch im Mai 1945 befreiten die Partisanen die gesamte Bravsko-Region. Im Laufe des Krieges kämpfte die Dritte Krajina Brigade auch in den Schlachten an der Neretva, in Sutjeska und an der Sremski-Front. Insgesamt verloren bei all diesen Kämpfen über 500 Menschen aus Bravsko ihr Leben.
Ein paar Meter neben der Denkmalskultpur existiert auch das Grab von Gisa Raća, dem Kommandeur der Bravsko-Kompanie, noch recht gut erhalten